Viebig: Die Wacht am Rhein

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Basierend auf den vorliegenden Auszügen schildert Clara Viebigs Roman „Die Wacht am Rhein“, erschienen 1902, das Leben im Rheinland, insbesondere in Düsseldorf, über mehrere Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts hinweg, wobei die politischen Umbrüche und Kriege dieser Zeit zentrale Auswirkungen auf das persönliche Schicksal der Figuren haben. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Familie des Feldwebels Rinke.

Die Erzählung beginnt in einer Zeit, die von militärischem Alltag und einer latenten Unruhe geprägt ist. Der Feldwebel Rinke erfüllt pflichtbewusst seinen Dienst in der Düsseldorfer Kaserne. Seine Tochter Josefina wächst in diesem militärischen Umfeld auf. Parallel dazu gibt es in der Stadt Erinnerungen an die französische Zeit unter Napoleon, die nicht nur als Besatzung, sondern auch als Periode der Modernisierung (neuer Hafen, Hofgarten) wahrgenommen wird.

Die revolutionäre Zeit um 1848 tritt zunächst als eine allgemeine politische Unruhe in Erscheinung. Feldwebel Rinke ärgert sich über die Zeitung, die ständig „stänkern“ und „immerzu stänkern“ und eine „Verfassungsreform“ fordern, um „Ausgleichung, Versöhnung zwischen Thron und Volk“ zu erreichen. Er versteht diese Forderungen nicht und verteidigt den König. Josefina liest ihm aus der Zeitung vor, versteht aber die politischen Begriffe nicht.

Die Revolution erreicht Düsseldorf, als die Nachricht von den Märzkämpfen in Berlineintrifft. Die Stadt wird von Aufregung erfasst. Eine aufgebrachte Menge wogt durch die Straßen, und die Soldaten werden Ziel von Beleidigungen, Pfeifen und Schimpfworten. Sogar Mädchen strecken die Zunge heraus. Der General zieht das Militär in die Stadt zurück.

Die Situation spitzt sich zu, als die Soldaten am Burgplatz von einer Menge Bürgern umringt werden, die sie nachäffen und höhnen. Feldwebel Rinke empfindet die Blicke seiner Mannschaft als von gereizter Ungeduld geprägt, doch er muss Ruhe bewahren, da er keinen anderen Befehl hat. Wenig später erhält die Wache den Befehl zum Abzug. Dieser Rückzug wird von Rinke als „schmachvoller Rückzug“ und als tiefste Demütigung empfunden.

Er glaubt den Spott der lautlosen Menge zu fühlen, die den Soldaten freien Abzug gewährt. Stattdessen drängen die Bürger in Wirtshäuser, ziehen singend („des Deutschen Vaterland“) durch die Gassen, und viele Häuser zeigen schwarz-rot-goldene Fähnchen. Bürger eilen zum Rathaus, um eine Bürgerwehr zu gründen.

Der König reagiert mit einer Proklamation, die in der Zeitung veröffentlicht wird: Er verspricht, dass alle Straßen und Plätze sofort von Truppen geräumt werden und fordert dazu auf, das Geschehene zu vergessen, so wie er es vergessen wolle. Für Feldwebel Rinke ist dies unfassbar. Er zittert, als er liest, dass die „frechen Empörer“ ungestraft davonkommen, Soldatenblut ungesühnt bleibt und am Thron gerüttelt wurde. Er fragt sich, wo die Tapferkeit, die Ehre und Prinz Wilhelm bleiben.

In der Folgezeit bildet sich die Bürgerwehr, die ihre Standquartiere in Wirtshäusern bezieht und fleißig exerziert. Es gibt politische Versammlungen, der „Volksklub“ und der „Barrikadenverein“ machen sich breit, und Arbeiterzüge ziehen mit roten Fahnen und demokratischen Liedern umher. Die Polizei hat Schwierigkeiten und muss sich zurückziehen. Der Dichter Freiligrath wird, nachdem er zwischenzeitlich inhaftiert war („roter Republikaner“, „unverschämtes, aufhetzendes, königsverräterisches Gedicht“), gefeiert. Ein „Belagerungszustand“ wird ausgerufen. Soldaten müssen Plätze besetzen, und Kavallerie reitet in die Menge. Rinke freut sich über das harte Vorgehen der Soldaten, sieht es als Schutz Preußens.

Ein Sprung in der Erzählung führt ins Jahr 1866. Siebzehn Jahre sind vergangen. Obwohl sich das Stadtbild kaum verändert hat und große Projekte ruhen, musste der Krieg (Deutscher Krieg) „verdaut werden“. Die Wehrpflicht wurde erhöht, die Armee verstärkt, und Bismarcks Politik des „Blut und Eisen“ prägt die Zeit. Handel und Wandel leiden darunter.

Später, im Jahr 1870, kündigt sich der Krieg gegen Frankreich an. Es gibt beunruhigende Gerüchte. Erneut erklingt rätselhaft im Hofgarten das Lied „Sie sollen ihn nicht haben, den freien, deutschen Rhein!“. Eine Welle der Mobilmachung erfasst die Stadt. Josefina rüstet ihren Sohn Peter aus, der zu den ausrückenden Kriegern gehört. Ihr Bruder Friedrich verdient gut mit Kanonen für Krupp.

Die anfängliche Siegesfreude nach Weißenburg und Wörth ist groß. Zeitungen werden gestürmt, um mehr über die Verluste zu erfahren. Doch bald folgt der Schock der schweren Verluste bei Spicheren, bei der das in Düsseldorf stationierte 39. Regiment stark betroffen ist. Angst und bangende Erwartung machen sich breit. Verletzte treffen ein und die Kaserne wird zum Lazarett umfunktioniert. Die erste offizielle Verlustliste erscheint. Darauf ist Josefina’s Sohn, Füsilier Peter Conradi, als tot verzeichnet. Auch Leutnant Eugen vom Werth stirbt an seinen Verletzungen.

Die Niederlage Frankreichs und die Kaiserproklamation in Versailles führen zu einer riesigen Feier und nationalen Einheit in Düsseldorf. Die Stadt wird mit schwarz-weiß-roten Flaggen geschmückt. Auch alte „Achtundvierziger“ und „rote Demokraten“ jubeln mit, das Volk freut sich über die Einheit. Die Heimkehr der siegreichen Truppen wird groß gefeiert.

Für Josefina bedeutet dies jedoch auch Abschied. Die Kaserne wird wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt. Sie verlässt ihre alte Wohnung und muss erkennen, dass von denen, die sie liebte, keiner mehr unter den Soldaten sein wird, die dort exerzieren. Trotz des persönlichen Verlusts (dem Grab ihres Sohnes) sieht sie im geeinten Deutschland im „höchsten Mittagsnonnenglanz“ eine Erfüllung, für die sie ihr „Gut und Blut“ gegeben hat.

Der Roman zeigt somit, wie die Turbulenzen des 19. Jahrhunderts, von der Revolution 1848 über Militarisierung bis hin zu den Kriegen der Reichsgründung, das Leben der Menschen im Rheinland prägen, wobei sich anfängliche politische Spaltung und Unsicherheit in nationaler Einheit und Kriegsopfern niederschlagen.