KI, Inhalt:
Das Heft XXIX, betitelt »Das neue Europa im Berliner Guckkasten,« erschien 1848 in Leipzig.
Themen und Kontext:
Der Guckkästner, der nun Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit feiert, hat den Preis für den Einblick in die Weltgeschichte von einem Sechser auf einen Silberjroschen erhöht, da die Geschichte nun von den Völkern gemacht werde und daher mehr wert sei.
Er sieht sich einem Posamentier Dickewitz gegenüber, einem typischen Reaktionär, der die Abwesenheit reicher Leute und des Militärs beklagt und die Revolutionäre (Ufwiegler) für den Stillstand im Gewerbe verantwortlich macht. Der Guckkästner stellt klar, dass wahre Freiheit die »keene Bedrückung« sei und dass die neue Zeit alles durch Gesetze erarbeitet sehen müsse.
Die ausgestellten Bilder (mit patriotischer und satirischer Erklärung):
- »Die Veränderung von Paris un Frankreich oder Monarchie, leben Sie wohl!«
- Das Bild zeigt, wie König Ludwig Philipp seine Pariser verliert und »in de bloßen Beene nach England fährt«.
- In einem gesungenen Gedicht wird der König als »Schelm« bezeichnet, dessen falsches Spiel mit den »Französche Karten« aufflog und dessen Monarchie »alle« sei. Der Guckkästner merkt zynisch an, dass die versprochene Republik »nich in vier Wochen« bejründet wird.
- »Die zuvorkommende Abdankung Seiner Majestät Ludwigs von Baiern mit den oberpfälzischen Herzen.«
- Dieses Bild zeigt die Abdankung von König Ludwig I. von Bayern. Seine Untertanen stehen »mit innigster Freude umher« und »man sieht kein Auge, welches jerührt is«.
- Der König abdiziert »höchst freiwillig«, während Lola Montez (Gräfin Landsfeld) fliehen musste. Der Guckkästner kommentiert sarkastisch, dass die treuen deutschen Untertanen sich nun »ausländsch« (revolutionär) benehmen.
- Die Flucht der spanischen Königinnen (Zukunftsbild):
- Der Guckkästner präsentiert das Bild der beiden »keuschen Könijinnen Isapelle un Chrischtiene von Spanien«, die aus Spanien flüchten, weil sich die Ansichten über Monarchie geändert haben.
- Er entschuldigt sich dafür, dass er vorausgreift: Er lasse solche Bilder schon vorab malen, weil die »Bejebenheiten so über’n Hals kommen, deß man nich mehr Strich halten kann«.
- »Der Friedrich-Wilhelms-Platz in Kassel un zwar in dem jroßen Mojement, wo das Kurfürstenthum Hessen seinen letzten Seufzer losläßt, indem es frei wird.«
- Der Guckkästner singt ein Lied über die Missstände in Hessen-Kassel, wo der Kurfürst Maitressen hielt.
- Die »wackeren Hanauer« hätten gerufen: »Freiheit oder – oder!«. Er feiert, dass die »schwere Centnerlast« des alten Kurfürsten abgeschüttelt wurde.
- Metternichs Sturz:
- Obwohl kein Titel genannt wird, folgt ein Bild von Metternichs Flucht aus Österreich.
- Metternich wird als »Fürstenlump« und »ewiger Jude« bezeichnet, der »Vierzig Millionen Deutsche« unterdrückte.
- Der Guckkästner betont, dass Metternich für das Unglück und die »metternichschen Schurkerei« in Europa verantwortlich ist.
- »Berlin’s heilije Völkerschlacht am 18ten März 1848, oder der Todeskampf der Tyrannei.«
- Das Lied erzählt von den Bemühungen der Stadt (Magistrat und Bürgerschaft), die »verlieh’ne Preßfreiheit« mit einem Hoch auf den König zu ehren.
- Die Minister hätten dem König geraten: »Hier helfen blos Soldaten!«.
- Das Lied schließt mit dem Bild der »Fahne Schwarz-Roth-Gold«.
Abschluss und Ausblick:
- Der Guckkästner merkt an, dass andere Bilder noch nicht fertig sind, darunter die italienische Republik, die deutsche Seeflotte (es fehle am Geld) und die russische Revolution.
- Die »Wählerklasse« in Münster wählt einen Vertreter, der die Wahl jedoch ablehnt, weil die Erfurter Versammlung »jejen meine Jrundsätze is«.
- Auf die Frage, warum in Deutschland kein Gold fließe (im Gegensatz zu Kalifornien), antwortet der Guckkästner: »Weil wir nich frei sind.«.
- Ein Junge lehnt es ab, den neuen deutschen Kaiser für einen Silbersechser zu sehen, weil ihm sein Vater geraten habe: »ein sichres Brod is jetzt de Hauptsache; lerne en Handwerk un ernähre Dir redlich.«.
- Der reaktionäre Schneider Aettrich kritisiert die aufrührerische Sprache des Guckkästners, der ihn daraufhin mit einem Gähnen abfertigt.
• • Am Ende packt der Guckkästner seine Sachen und bemerkt, dass die Abwesenheit des Bildes vom chinesischen Staatsschatz wohl daran liege, dass der Schatz »janz wegjekommen« sei. Der abziehende Junge singt eine spöttische Version des Untertanenliedes.
Adolf Glaßbrenner [Pseudonym: Adolf Brennglas], Das neue Europa im Berliner Guckkasten. In: Berlin, wie es ist und – trinkt, Heft 29. Leipzig: Verlag von Ignaz Jackowitz, 1848.